Ein stiller Gigant - Das österreichische Film-Magazin ray ehrt Frank Giering zum 10. Todestag mit einem Nachruf

Der Autorin Alexandra Seitz gelingt für das Filmmagazin ray das Kunststück, mit nur wenigen, dafür wunderbar poetischen und berührenden Worten nicht nur an das künstlerische Schaffen Frank Gierings und seinen viel zu frühen Tod zu erinnern, sondern vor allem auch den Menschen hinter dem Schauspieler noch einmal lebendig werden zu lassen. Schöner kann ein Nachruf eigentlich nicht sein.

»Er war 38 Jahre alt. Viel zu jung also. Dabei doch alt genug, um mit seinem unseligen Verschwinden eine fette Lücke zu reißen. Über die Jahre hatte Giering mit seiner darstellerischen Arbeit jenen Eindruck geschaffen, der einen nun aufseufzen ließ: Was hätte der nicht noch alles spielen können!? Und vor allem: Wie gerne hätte man das dann gesehen! [...] Frank Giering war ein Minimalist, vor allem des mimischen Ausdrucks. Mit einem Zucken des Mundwinkels, dem Heben der Augenbraue, der Andeutung eines Lächelns, mit einem Blick konnte er die Sehnsucht abbilden und die unterschiedlichen Richtungen, die diese nehmen konnte: Es zeigte sich in seinem Gesicht dann das Fernweh, oder die zaghafte Zuversicht in die Möglichkeit einer besseren Welt, oder der Wunsch nach Zuneigung, Angenommensein. Jederzeit aufflackern konnte in seinen Augen aber auch die Angst, die Ahnung bevorstehenden Unheils, ein panischer Ausdruck von In-die-Enge-Getriebensein. Und die Härte, mit der sich einer vor dem Verletztwerden schützt. [...] Denn so sehr sie auch immer auf der Hut waren, so waren sie doch auch jederzeit bereit, die Mächtigeren, Stärkeren herauszufordern, mit jenem trotzigen Mut, der ins Selbstzerstörerische reicht. [...] Seine feinziselierte Arbeit am Charakter war zu subtil, mit ihr ließ sich nur schwer bis in die Galerie eines Theatersaals projizieren; zum Ausgleich fesselte er die Kamera, die von den dunkelblauen Kraftfeldern seiner Augen von Beginn an geradezu magnetisch angezogen wurde. Dergestalt dass es einem auch mal herzlich egal werden konnte, WEN Frank Giering da eigentlich gerade spielte, weil es so faszinierend war, ihm dabei zuzusehen, WIE er es tat.«